Figürliche Abstraktionen und abstrahierte Figuren
von 23.09. - 18.11. 2016 Gemälde und Skulpturen von Marlis Albrecht und Angelika Schneider
Ravensburg SZ 26.09.2016
Schwelgen in der Taktilität des Materials kann der Betrachter bei allen Werken, die gerade in der Galerie Doris Hölder ausgestellt werden: sowohl bei den Gemälden von Marlis Albrecht wie bei den Steinskulpturen von Angelika Schneider.
Die Bildhauerin bearbeitet besondere Marmorarten wie den afrikanischen „Black and Gold“-Marmor oder Carrara, aber auch Alpenkalkstein oder Travertin, blauen Alabaster oder brasilianischen Quarzit, meist im mittelgroßen Format und überwiegend in abstrakten Formen. Wie große Handschmeichler liegen diese organisch und gestisch wirkenden Skulpturen da, seltener richten sie sich auf oder ruhen auf einer kleineren Standfläche; ihre Oberfläche wird von Hand geschliffen und poliert, vor allem beim Alpenkalkstein oder beim reinweißen Carraramarmor ist sie seidig zart, aber auch bei dem wild gemusterten Black and Gold-Marmor, der mit den Erdfarben Afrikas fasziniert.
Ihre Lieblingsstücke seien die Figuren, sagt die Künstlerin und weist auf die Figur „Palissandro“, die ihr Gesicht nach oben hebt. Wie auch bei zwei weiteren schält sich dieser Kopf aus der roh bossierten Marmormasse heraus, ähnlich bei einem küssenden Paar und einem Doppelkopf. Auch der „Narziss“ oder der „Prinz“ spielen mit dem spannenden Kontrast der Oberflächen.
Um die Haptik der Oberfläche geht es ebenfalls Marlis Albrecht, die aus Ludwigsburg stammt und dort mit ihrer Familie von ihrer Kunst lebt. Vor gut 20 Jahren entdeckte sie die Welt der Wachsfarben, für die sie Pigmente in Bienenwachs mischt, das sie auf 60 Grad erhitzt und dann vermalt. Da diese Malfarben, zu denen auch das farblose weiße Wachs gehört, sehr schnell abtrocknen, werden weitere Schichten aufgetragen, andere mit dem Messer abgekratzt. Die Großformate wirken wie eine alte Wand oder wie ein Palimpsest, gleichzeitig transparent und tiefgründig.
Und dann die Themen: Ganzfiguren, mit langgezogenen Gesichtern und langen Händen von melancholischer Eleganz oder satirischer Zuspitzung, typisiert im Portraitkopf, kuriose Paarbilder, aber auch strenge, tonige Waldbilder ohne Figuren und erzählerisches Moment. Dennoch eignet ihnen allen etwas Intimes, das an die Gemälde des Postimpressionisten Edouard Vuilliard erinnert, der seine Figuren untrennbar mit ihrem Umraum verband: Weder verleugnen sie das Dekorative noch erliegen sie ihm.
Geöffnet ist die Ausstellung bis 18. November. Uhrzeiten: Dienstag bis Freitag von 10 bis 12.30 Uhr und 14.30 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 14 Uhr.
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